6.2 Bezugsszenario (Baseline)
Last updated
Last updated
entspricht NCS
Im Bezugsszenario wird festgelegt, wie der Wald ohne Klimaschutzprojekt bewirtschaftet werden würde und wie sich das auf die Vorratshaltung auswirken würde. Historische Betrachtungen zeigen, dass die Nutzungsintensität und damit die Vorratshaltung sich im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten sehr verändern können. Wirtschaftliche Erwägungen ermöglichen ebenfalls keine zuverlässige Prognose der künftigen Holznutzung und der Vorratshaltung.
Das Bezugsszenario entspricht der üblichen Praxis und stellt somit keine freiwillige Verpflichtung dar, die den Waldeigentümer zu einer eingeschränkten Waldnutzung und einer erhöhten Holzvorratshaltung zwingen würde.
Als Bezugsszenario wird ein moderates Nutzungsszenario angenommen, das konservativ im waldbaulichen und rechtlichen Spielraum liegt und der üblichen Praxis entspricht. Es ist entweder definiert durch eine mittlere Vorratshaltung am Ende der Projektlaufzeit, wie sie in wissenschaftlichen Ertragstafelmodellen nach Baumart und Bonität dargestellt sind, oder es ist dargelegt durch andere anerkannte Größen von Zielvorräten (z.B. im Dauerwald) oder betrieblichen Erwägungen, z.B. im Betriebsplan enthaltene Festlegungen. Zu beachten ist, dass betriebliche Erwägungen sich ändern können.
Die Ertragstafeln wie Ref. 09a stellen idealisierte nachhaltige Nutzungskonzepte für verschiedene Baumarten und Wuchsverhältnisse dar (Bonitäten), die im Idealfall den Zuwachs als Richtgrösse für die Nutzung angeben, wie auch einen zugehörigen Gleichgewichtsvorrat. Ertragstafeln eignen sich insofern für die Bestimmung des Bezugsszenarios, als sie zuwachsbezogen sind und nicht wertbezogen. Sie spiegeln eine auf den optimalen Massenertrag ausgerichtete Bewirtschaftung wider. Die Verwendung der Ertragstafeln ist konservativ. Zum einen ist das Ertragsniveau heute höher als darin dargestellt (Ref. 09). Zum anderen werden heute Nutzungskonzepte vor allem in der Fichte propagiert, die von deutlich kürzeren Umtriebszeiten und somit niedrigeren mittleren Vorräten ausgehen (Ref. 41). Anders gesagt, würde der rechtliche und waldbauliche Spielraum noch deutlich niedrigere mittlere Vorräte erlauben, als in den Ertragstafeln angegeben.
Als Beispiele für die Schweiz die Ertragstafeln der WSL (Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen 1983: Ertragstafeln EAFV 1983, Ref. 7, Ref. 8) oder für Deutschland die Hilfstabellen für die Forsteinrichtung Baden-Württemberg (Ref 9, 9a). Die Verwendung der Ertragstafeln ist konservativ. Diese wurden in den 1960-70er entwickelt. Danach, vor allem in den 1990er Jahren stieg das Ertragsniveau deutlich an, das heisst, die Ertragstafeln unterschätzten den tatsächlichen Zuwachs. Untersuchungen in Baden-Württemberg zeigen Unterschätzungen bei der Fichte um bis zu 40 %, bei der Buche um bis zu 20 % (Ref. 9). Diese Unterschätzung ist in der Zwischenzeit durch die Klimaerwärmung abgebremst, aber immer noch deutlich vorhanden. Für den Dauerwald werden ideale mittlere Vorratshaltungen (Zielvorräte) in der Literatur für bestimmte Waldtypen angegeben.
Im Gegensatz zum Projektszenario wird im Bezugsszenario der Holzvorrat nicht zusätzlich erhöht oder gesichert. Das Bezugsszenario weist damit eine schlechtere CO₂-Bilanz auf als das Projektziel.
Das Bezugsszenario wird als die Ausgleichslinie von Anfangsvorrat zu Beginn der Projektlaufzeit zum Normalvorrat (Zielvorrat) am Ende der Projektlaufzeit dargestellt.
Die Grafik zeiget beispielhaft die Szenarien für ein Naturwaldreservat, mit einer Verdoppelung des Vorrates gemäss konservativer Modellannahmen (Bezugsszenario = konstanter Vorrat (hellblau), Projektszenario = Vorratsaufbau (dunkelblau)).