6.3 Quantifizierung
entspricht 2.5.6 NCS
Wälder sind Treibhausgasspeicher (Kohlenstoffspeicher). Sie können sowohl Treibhausgasquellen wie auch -senken sein.
Relevante Treibhausgasspeicher im Wald:
Oberirdische lebende Biomasse (Bäume, Sträucher, Bodenvegetation)
Unterirdische lebende Biomasse (Wurzeln der Bäume, Sträucher, Bodenvegetation)
Totholz (von Bäumen und Sträuchern, stehend und liegend) 10-30 % der Gesamtbiomasse
Streuauflage (teilweise zersetzte Biomasse auf dem Boden aufliegend)
Boden-Kohlenstoff (mineralisierte C-Anteil im Boden)
Grundsätzlich können alle Treibhausgasspeicher berücksichtigt werden, indem sie gemessen oder durch zuverlässige Modelle abgeschätzt werden. Aus Gründen der Praktikabilität können die Nicht-Baumbiomasse, das Totholz, die Streuauflage und der Bodenkohlenstoff weggelassen werden. Das ist konservativ, da diese Speicher mit dem Holzvorrat gleichgerichtet oder in der Menge vernachlässigbar sind (oberirdische Nichtbaumbiomasse, Bodenvegetation).
Treibhausgasemissionen bspw. durch Verbrennen von Schlagabraum, Bodenbearbeitung, künstliche Dünger und Emissionen von der Zersetzung N-bindender Arten können nicht als vom Projekt verursacht identifiziert werden. Tendenziell nehmen diese Emissionen, die mit der Holznutzung und mit der Bestandesbegründung verknüpft sind, aufgrund der Projektaktivitäten (reduzierte Holznutzung) ab. Daher ist es konservativ, dass für die Methode solche Emissionen nicht als Bezugs- oder Projektemissionen berücksichtigt werden.
Der Speicher (Holzvorrat) wird durch folgende dynamischen Parameter beeinflusst:
Nutzung (Quelle)
Zuwachs (Senke)
Mortalität / Risiko (Quelle)
6.3.1 Kohlenstoff-Quellen, -Senken und -Speicher kontrolliert vom Projektbetreiber
Der maßgebliche C-Speicher ist die lebende Baumbiomasse, der direkt vom Projekteigner durch die Holznutzung beeinflusst wird. Der Holzvorrat wird konservativ mit dem Normalvorrat angenommen. bestimmt. Es wird dann mit den betreffenden Umrechnungsfaktoren auf die Biomasse des gesamten Baumes geschlossen.
Ertragskunde- und Vorratsmodelle beziehen sich immer auf den lebenden Holzvorrat (oberirdisch). Für die Umrechnung vom lebenden stehenden Holzvorrat auf die Biomasse des Gesamtbaumes gibt es entsprechende Umrechnungsfaktoren (Root to shoot ratio, Biomass Expansion Factors BEF, z.B. Ref. 06).
Projektemissionen sind Emissionen von Treibhausgasen, die durch das Projekt erzeugt werden, wie zum Beispiel Ernte- oder Pflanzarbeiten, Bau und Instandhaltung von Wegen, Transporte, Planungs- und Kontrollfahrten des Försters sowie die Biodiversitätsmaßnahmen. Diese Emissionen sind bei der angepassten Bewirtschaftung geringer oder höchstens gleich derjenigen einer normalen Bewirtschaftung. Bei Waldreservaten entfallen die meisten dieser Emissionen, weil keine Ernte stattfindet.
Daher werden die Projektemissionen in dieser Methodik konservativ mit Null angenommen.
6.3.2 Kohlenstoff-Quellen, -Senken und -Speicher zugehörig zu dem Klimaschutzprojekt
Die Nichtbaum-Biomasse (Sträucher, Bodenvegetation, Streuauflage) wird in Naturwaldreservaten nicht angerechnet. Die Nichtbaum-Biomasse ist im Vergleich zur Baumbiomasse vernachlässigbar.
Totholz kann in naturnahen Waldbeständen einen erheblichen Anteil an der Biomasse ausmachen. Der Totholzanteil steigt mit dem Alter und mit dem Holzvorrat der Waldbestände, oft infolge langjähriger Nichtnutzung. Der Totholzvorrat ist gleichgerichtet mit dem stehenden lebenden Holzvorrat. Die Zersetzung ist sehr langsam. Über die Projektdauer verrotten dicke Stämme nicht vollständig. Es ist konservativ, das Totholz nicht im Projekt zu berücksichtigen.InNaturwaldreservaten wird das Tothoz nicht angerechnet.
Bodenkohlenstoff
In Wäldern der temperierten Zonen macht der Bodenkohlenstoff die Hälfte bis zu zwei Dritteln des Gesamtkohlenstoffs aus (Ref. 27, 40, 54, 65 zitiert in Ref. 64). Eine gewisse Unterschätzung ergibt sich aus der Tatsache, dass unter großen Bäumen mehr C-gespeichert ist als zwischen den Bäumen (Ref. 59). Üblicherweise wird zwischen den Bäumen der Boden-C gemessen. Dazu kommt, dass sich in Naturwäldern auch noch über Jahrhunderte Kohlenstoff weiter im Boden akkumuliert Ref. 28. Eine Literaturstudie hierzu befindet sich in Ref. 66 unter Berücksichtigung von Ref. 58, 59, 60, 61, 67.
Im Boden von Normalstandorten befindet sich etwa die gleiche Menge an Kohlenstoff wie in der lebenden Biomasse (Ref. 10, 40). Für jede Tonne CO₂, die in den Bäumen gebunden wird, ist eine weitere Tonne im Boden zu erwarten. Der Speicher ist gleichgerichtet mit der lebenden Biomasse. Der Bodenkohlenstoff wird im Projekt nicht berücksichtigt.
6.3.3 Bestimmung der lebenden Baumbiomasse aus dem Holzvorrat (Speicher)
Es werden anerkannte Methoden der Holzvorratsinventur angewendet, in der Regel auf Stichprobenbasis mit definierter Genauigkeit für Baumarten und/oder Baumartengruppen. Die Inventurverfahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten müssen identisch oder konservativ zueinander sein, um Überschätzungen der Senkenleistung zu vermeiden. Für Stichprobeninventuren wird ein Standardfehler von höchstens 5 % bei einem Vertrauensbereich von 95 % zugelassen. Liegt der Fehler höher, so ist die Differenz zu 5 % in den Projektannahmen zu berücksichtigen. Dieser Fehler der Inventur kann mit Hilfe permanenter Stichprobeninventuren, zweiphasigen Inventuren und Inventuren mit synthetischen Schätzern berechnet werden. Andere Inventurverfahren müssen eine vergleichbare, nachvollziehbare Genauigkeitsangabe machen können. Liegen keine Inventurdaten vor und wird mit Schätzverfahren gearbeitet, müssen die Annahmen entsprechend konservativ getroffen werden, damit eine Überschätzung der Senkenleistung ausgeschlossen werden kann. Der stehende Holzvorrat wird in Kubikmeter Schaftderbholz gemessen, getrennt nach Baumarten oder Baumartengruppen. Der stehende Holzvorrat in m3 wird unter Verwendung anerkannter Umrechnungsverfahren in tCO₂e der lebenden Baumbiomasse umgerechnet.
Weitere relevante Speicher können angerechnet werden, sofern diese mit anerkannten Methoden erfasst und konservativ in tCO₂e umgerechnet werden.
In Naturwaldreservaten wird der Normalvorrat als Anfangsvorrat angenommen.
In der Regel werden die nationalen Umrechnungsfaktoren verwendet (vgl. Ländermodule). Falls keine solchen Grundlagen vorhanden sind, so werden andere zutreffende Umrechnungsfaktoren verwendet, wie REF Guidelines2006V4_04_Ch4_Forest_Land.pdf
6.3.4 Bestimmung der Nutzung (Quelle)
Auf die Holznutzung wird in Naturwaldreservaten verzichtet. Daher fällt diese weg.
6.3.5 Bestimmung des Zuwachses (Senke)
Der Zuwachs kann auf zwei Arten bestimmt werden:
Der Zuwachs wird aus Folgeinventuren hergeleitet.
Der Zuwachs wird geschätzt.
Zu 1. der Zuwachs wird aus Folgeinventuren hergeleitet (Vorratsdifferenzmethode (stock change)): Summarisch werden zwei Vorräte miteinander verglichen. Nutzung und Mortalität sind darin mitberücksichtigt. Die Differenz ergibt direkt die Senkenleistung.
Zu 2. der Zuwachs wird aus Modellen abgeleitet: Ertragstafelmodelle, oder andere Wuchsmodelle geben auf der Basis des natürlichen Standorts unter Annahme bestimmter Bewirtschaftungskonzepte die Bonität nach Baumarten an. Ertragstafelmodelle geben den Zuwachs in Vorratskubikmetern (Vfm) oder Erntekubikmetern (Efm) an. Die Rückrechnung auf die tCO₂e erfolgt konservativ mit anerkannten Faktoren. Für Naturwaldreservate gelten die Annahmen gemäss Kap. 6.3.6.3.
6.3.6. Quantitative Bestimmung der Senkenleistung
6.3.6.1 Bestimmung des Bezugsszenarios (Baseline)
Das Bezugsszenario entspricht dem Normalvorrat, der abhängig ist von Baumart, Bonität und Umtriebszeit. Das Projektszenario kann sich aus Teileszenarien zusammensetzen (Betriebsklassen, Baumarten etc.).
6.3.6.2 Bestimmung der Senkenleistung in Naturwaldreservaten (ex-ante/ex-post)
Dieser Projekttyp bezeichnet den vollständigen Verzicht auf die Holznutzung auf einer definierten Fläche um die Biodiversität zu fördern und alle Entwicklungsphasen der natürlichen Waldentwicklung zu ermöglichen (Naturwaldreservat).
Die Methode betrifft Flächen deren Eigentümer sich verpflichten diese gemäss MCPFE-Kategorien 1.1 oder 1.2 unter Schutz zu stellen.
Internationale Waldschutzgebiets-Typen gemäss MCPFE (Ministerkonferenz zum Schutze der Wälder in Europa):
1.1
No active intervention
• Zugang für Öffentlichkeit eingeschränkt • Nicht-destruktive Forschung zugelassen
Bannwald, etc.
1.2
Minimum intervention
• Wildregulation • Forstschutzmassnahmen • Waldbrandbekämpfung • Nicht-destruktive Forschung • Subsistenz-Nutzung durch einheimische Bevölkerung • Sicherheitsschläge an Strassen
Naturwaldreservate, Prozessschutzflächen, Refugien, Altholzinsel, etc.
1.3
Conservation through active management
Habitatförderung, Sonderwaldreservate, etc.
Für die Berechnung von Referenzentwicklung (bewirtschafteter Wald) sowie der Projektentwicklung im Naturwaldreservat wird Folgendes angenommen:
Annahme 1: Der Vorrat verdoppelt sich vom "normal" bewirtschafteten Wald zum Naturwald.
Sofern entsprechende Daten zur Verfügung stehen, werden die Berechnungen wie in Kap. 6.3 (analog zu IIFM-Projekttyp) angewendet. Zur Bestimmung der Senkenwirkung in Naturwaldreservaten können auch Modellannahmen genutzt werden. Im Naturwald ist mindestens doppelt so viel C enthalten wie im bewirtschafteten Wald (Ref. 66, darin Bezug zu Ref. 14, 25, 57, 58, 60, 62, 63, 67).
Mit der Bewirtschaftung nimmt man dem Wald die vorratsreichen und lange andauernden Optimal- und Zerfallsphasen. Insbesondere die Zerfallsphase ist von hoher Biodiversität. Ein Waldreservat ist eine Zeit lang immer auch eine C-Senke. Die Verdoppelung des Biomassenvorrates zeigt Korpel Ref. 14 wie auch Prusa Ref. 25 (Tabelle 96, Seite 555). Halten sich im nachhaltig bewirtschafteten Wald Zuwachs und Nutzung die Waage, so sind das im Naturwald Zuwachs und Zerfall. Beides sind über grössere Flächen dynamische Gleichgewichtszustände im Biomassenvorrat, jedoch auf sehr unterschiedlichem Niveau.
Diese einmalige Anhebung des durchschnittlichen Biomassenvorrates wird als Senkenprojekt definiert. Das ist konservativ, da in Mitteleuropa auch Naturwälder im Holz-Vorratsgleichgewicht weiterhin vor allem im Boden zusätzlich Kohlenstoff speichern (Ref. 28). Neuere Forschungen besagen, dass Urwälder der temperierten Zonen immer Senken bleiben, auch über den vermeintlichen Gleichgewichtszustand hinaus (Ref. 28, 55). Die weitere Akkumulation von C findet vor allem im Boden statt. Auch zeigen neuere Forschungen, dass direkt unter Bäumen der Bodenkohlenstoffgehalt höher ist als zwischen den Bäumen, wo üblicherweise gemessen wird. Dies bedeutet eine tendenzielle Unterschätzung des Bodenkohlenstoffs. Der Bodenkohlenstoff ist in temperierten Zonen auf Normalstandorten (konservativ) etwa gleich viel wie der lebenden Biomasse.
Annahme 2: Der Waldtyp (natürliche Waldgesellschaft) bestimmt die Bonität und den mittleren normalen Vorrat.
Es werden anerkannte Modellwerte der Vorratshaltung als Bezugsszenario angewendet, wie z.B. der nach Standorten gewichtete aus den Ertragstafeln entnommene mittlere Holzvorrat der normalen Betriebsklasse. Das Projekt generiert den mittleren Vorrat des Naturwaldes, der doppelt so hoch ist. Die Differenz ist die Senkenwirkung in der Baumbiomasse des Projektes. Die Anwendung der Ertragstafeln ist konservativ, da das Ertragsniveau der aus den 1960er und 1970er stammenden Ertragstafel-Wuchsmodelle deutlich gesteigert hat (bis 40 % in der Fichte, bis 20 % in der Buche Ref. 09). Der Vorratsaufbau geschieht in der Regel innerhalb von 40 Jahren. Dieser Vorratsaufbau wird linear auf die 40 Jahre aufgeteilt.
Die Umrechnungen von den stehenden Vorräten zu den tCO₂e erfolgen gemäß Kap. 6.3.6.
Berechnung der Senkenleistung im Waldreservat ex-ante/ex-post
Stock-Change-Ansatz zur ex-ante Berechnung der Senkenleistung Die Methodik ist grundsätzlich ein Stock-Change-Ansatz. Es wird ein mittlerer C-Vorrat ohne Projekt, einem mittleren C-Vorrat mit Projekt gegenübergestellt (lebende Baumbiomasse).
Die Senkenleistung wird berechnet nach:
nach Korpel gilt (Annahme 1):
Für alle i = mittlere Oberhöhenbonität gilt:
Dabei sind:
= Senkenleistung in tCO₂
= durchschnittlicher Vorrat eines Naturwaldes im Gleichgewicht in tCO₂, project case
Es gilt: =
= durchschnittlicher Vorrat eines nachhaltig bewirtschafteten Waldes (Normalvorrat) in tCO₂, Baseline
Es gilt: =
= Projektfläche in ha
i = Standorttyp definiert durch die Bonität und Baumart/Baumartengruppe
= Biomasse-Expansionsfaktor [tCO₂/m3)
= Projektfläche in ha
=
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